04.12.2025

Meine Seele hanget Dir an, Deine rechte Hand erhält mich.

Ps. 63,9. Wenn es so zwischen Gott und dem Menschen steht, so steht es gut. Des Menschen Seele soll Gott anhangen durch das Vertrauen, das sie auf Ihn setzt, und die ehrerbietige, begierige und folgsame Liebe gegen Ihn, und wenn dieses geschieht, so wird die rechte Hand Gottes den Menschen in allen Gefahren, ja im Tod selbst erhalten. Der Mensch hat selber die rechte Hand nicht, die ihn erhalten könnte, ob er sich wohl zuweilen einbildet, sie zu haben und deßwegen geschäftig genug ist, sich eigenmächtig zu rathen und zu helfen: allein seine Pflicht ist, nur dem HErrn anzuhangen und dabei zu thun, wozu ihn Gott durch Seinen Geist antreibt, und zu leiden, was Sein Rath verhängt hat. Wenn der Mensch dieses thut, so wird Gott nie unterlassen, Seine rechte Hand, das ist Seine überschwengliche Kraft zu seiner Erhaltung anzuwenden. Es gibt viele gottesdienstliche Uebungen, welche nicht an Einem fort währen können. Man kann nicht an Einem fort mit dem Munde beten und singen, oder Gottes Wort mit den Ohren hören und mit den Augen lesen; aber das Anhangen an dem HErrn kann und soll Tag und Nacht, in der Einsamkeit und unter den Geschäften, bei dem wirklichen Angedenken an Gott und in Minuten, darin man wegen anderer Bemühungen nicht an Ihn denken kann, fortwähren. Die Seele soll ihr Vertrauen zu Gott, ihr Verlangen nach Ihm, ihr Bestreben, Ihm zu gefallen, nie verlieren, und wenn wir es nach der Sprache des Neuen Testaments ausdrücken wollen, welche viel mehr sagt, als Davids Ausspruch, so soll sie dem HErrn so anhangen, daß sie immer Ein Geist mit Ihm sei, 1 Kor. 6,17. Wie nöthig ist aber die Wachsamkeit, bei welcher man Alles schnell beobachtet und Allem ausweicht, was vom HErrn abführen kann? Wie viele scheinbare Beredungen des Teufels, wie viele unschuldig scheinende, aber doch schädliche Lüste des Fleisches, und wie viele böse Eindrücke von der Welt, die schrecken und locken kann, und mit einer falschen Gerechtigkeit, oft aber auch mit einem scheinbaren Glück prangt, werden bei derselben entdeckt, da dann auf die Entdeckung immer eine neue Enthaltung oder eine Flucht folgen, und der lautere Sinn des Christen sagen muß: das lasse der HErr ferne von mir sein. Wer aber nicht wacht, und wenn die Gefahr entdeckt ist, nicht flieht, fällt von einer Sünde in die andere, weicht von dem HErrn, verläßt Seine Gnade, entfällt aus seiner Festung, beredet sich, er sei noch Etwas, weil er das Angedenken des vorigen Gnadenstandes und die fromme Sprache noch hat, ist aber ein zweimal erstorbener Baum, und das Letzte ist mit ihm ärger, denn das Erste. Wenn er aber endlich merkt, daß er abgewichen sei, und alsdann über das rechtschaffene Wesen, und diejenigen, die darin stehen, spottet, so ist er beinahe unheilbar und dem Fluch nahe. Wie nöthig ist’s also, daß man immer redlich zu Gott sagen kann: meine Seele hanget Dir an; denn man wird alsdann immer auch dasjenige erfahren, was David hinzu gesetzt hat: Deine rechte Hand erhält mich. Der HErr, der Allmächtige, der nicht müde noch matt wird, gibt Allen, die auf Ihn harren und Ihm anhangen, von Zeit zu Zeit neue Kraft, und läßt Niemand sie aus Seiner Hand reißen. Er erhält sie, wenn sie fallen, richtet sie auf, wenn sie niedergeschlagen sind, behütet sie in Gefahren, und erlöset sie endlich aus allem Uebel. Nun HErr, wessen soll ich mich außer Dir trösten? Meine Seele hanget Dir an: Deine rechte Hand erhalte mich. Mel.: Schwing dich auf zu etc. 1. Meine Seele hängt Dir an,
Du bist’s, HErr der Seelen,
Der sie an Sich halten kann,
Außer dir wird’s fehlen.
Alle Seelen sind ja Dein,
Soll denn ihr Verlangen
Nicht an Dir, o HErr, allein
Unabtrennlich hangen? 2. Zwar Du hättest
Recht an mich,
Mich von Dir zu werfen,
Daß ich ferner mich an Dich
Nicht sollt‘ hängen dürfen.
Aber Jesus hat das Band
Wieder fest gebunden,
In Ihm hat die Glaubenshand
Ihren Halt gefunden. 3. Wohl mir, wenn ich mich an Dich
In Ihm wieder hänge,
Denn in Christo fasse ich
Eine Gnadenmenge.
Weh‘ mir, wenn ich außer Dir
Sonst an etwas klebe;
Wenn ich Ihn und Dich verlier‘,
Wer macht, daß ich lebe? 4. Nun der Gnade, die mich zieht,
Mich an Gott zu halten,
Singt mein Herz ein dankbar Lied,
Bis es wird erkalten.
Ziehe mich zum Himmel ein
Einst auch aus der Erden,
Da wird Gott mein Heil allein
Und mein Lobpsalm werden.